Trotz der Chinesenflut schaffen wir es heute Morgen, uns in dem kleinen Frühstücksraum mit Kaffee und Toast zu versorgen. Wir sind früh genug dran, so dass die Asiaten nur vereinzelt auftauchen. Wir sind gerade fertig geworden mit unserer Mahlzeit, bevor die grosse Horde auftaucht.
Es versprach wieder ein schöner Tag zu werden und wir freuten uns auf unseren, inzwischen schon 4. Besuch im Yellowstone National Park.
Zu Beginn war es noch ziemlich ruhig auf der Strasse, aber schon eine knappe Stunde vor Yellowstone West begann der Verkehr in Richtung National Park, immer dichter zu werden. Bald ging es nur noch stockend voran. Nur sehr zögerlich wälzten sich die vielen Autos durch Yellowstone West. Hier hatten wir einen Tankstopp vorgesehen. Günstig war das ja nun nicht gerade: erstens würde wir ewig brauchen, um uns nachher wieder einzufädeln, und zweitens mussten wir natürlich an der Tanksäule anstehen. Trotzdem, was sein muss, muss sein.
Ich benützte die Gelegenheit, die Toilette aufzusuchen und holte anschliessend Cappuccino und etwas Gebäck für uns, während Bruno das Tanken erledigte. Ganz so lange wie befürchtet, hatte das Ganze gar nicht gedauert. Ausserdem sind die Amerikaner, wenn es um Anstehen und Verkehr geht, ja sehr rücksichtsvoll und tolerant. Deshalb konnten wir relativ schnell wieder auf verstopfte Strasse zurückkehren und gelangten im Schritttempo zum West Entrance.
So etwas hatten wir tatsächlich noch nie erlebt: Unglaublich, wie viele Autos sich in den Yellowstone NP drängten. Es ging weiterhin sehr langsam dem Madison River entlang in den Park hinein. Der Kaffee war schon längstens getrunken, das Gebäck gefuttert, als sich der Verkehr endlich begann, etwas aufzulösen. Da es ab und zu Parkbuchten gibt, fuhr immer mal ein Wagen ab und so kam man besser voran.
Plötzlich war es mit der Langeweile vorbei! Auf einer grossen Wiese waren Bisons zu sehen – Da hält den Yellowstone-Besucher natürlich nichts mehr!
Logischerweise waren wir nicht die Einzigen, die sich für die Tiere interessierten. Dieser junge Bulle fand besonders viele Zuschauer.
Er hatte es sich gemütlich gemacht und sah aus, als könnte er keiner Fliege etwas zuleide tun 😉
Die meisten Leute gingen immer näher heran und fotografierten wir wild. Bald hob der Junge den Kopf und beobachtete die Störenfriede.
Eine Frau ging immer näher und noch näher zu dem Tier, dabei hatte sie ständig die Kamera in Betrieb.
Ein kleines Sandbad liess er sich dennoch nicht nehmen.
Dann stand er auf und zupfte ein paar saftige Gräser ab.
Aber dann hatte er genug von der Knipserei: er drehte er sich erst träge um und nahm dann plötzlich Anlauf. Alle Zuschauer gingen auf Abstand und die vorwitzige Fotografin meinte, sie müsste um ihr Leben rennen! Wir lachten noch eine Weile über das Erlebte, die Frau aber machte einen ziemlich schockierten Eindruck.
Bei Madison bogen wir auf den Firehole Canyon Drive ein und fuhren ihn gemütlich ab.
Am Ende dieses schönen Drives gibt es eine Swimming Area, hier hätten wir gerne die Füsse ein wenig in den Firehole River gehalten, leider war der Badeplatz aber wegen des Wasserstandes geschlossen. So fuhren wir weiter zum Fountain Flat Drive. Hier hatten wir in anderen Jahren regelmässig Bisons gesehen. Heute war das nicht so – weit und breit kein Bison.
Für uns war es jetzt aber an der Zeit, uns die Füsse zu vertreten. Wir beschlossen, den Sentinel Meadows Trail zu gehen.
Es waren nur ganz wenige Leute unterwegs. Der Trail war angenehm zu gehen, er war ziemlich breit und ohne Steigungen. Wir marschierten zügig voran. Die Wolken wurden schwerer, aber wir hatten unsere Jacken dabei und hofften, dass der Regen noch etwas warten würde.
Ein gutes Stück nach dem Goose Lake raschelte und knackte es plötzlich und dann drängte sich dieser riesige Bursche aus dem Gebüsch auf den Weg vor uns. Natürlich blieben wir sofort stehen und berieten darüber, was nun zu tun wäre.
Da sich das Tier nach einer Weile langsam aber sicher wieder vom Trail wegbewegte, wagten wir es und schlichen uns hinter dem Bullen vorbei. Puh, Glück gehabt! Allerdings beschäftigte mich der Gedanke schon ein wenig, ob das Tier auf dem Rückweg nicht immer noch in der Nähe sein würde.
Auf dem weiteren Weg blieben wir beide aufmerksam und sahen uns bei jedem Geräusch um, ob sich ein weiterer Bison hervorwagen würde. Noch einmal beobachteten wir einen Bullen, der sich durch das Unterholz kämpfte und alles niedertrampelte, was im in den Weg kam.
Da wir uns nicht sicher waren, wie lange wir bis zu den Fairy Falls brauchen würden, beschlossen wir, den gleichen Weg zurückzugehen. Die Fairy Falls wollten wir dann morgen von der anderen Seite her besuchen.
Weiterhin aufmerksam sahen wir uns immer wieder um, es ist schon ein spezielles Gefühl, wenn man nicht weiss, ob hinter der nächsten Wegbiegung vielleicht wieder ein Bison steht.
Es dauerte aber noch eine ganze Weile, bis sich der nächste Prachtbursche in unsere Nähe wagte. Die Stelle war günstig für uns, hier konnten wir gebührend Abstand nehmen und das grosse Tier in aller Ruhe beobachten.
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Es schien ihn nicht weiter zu stören, dass er Zuschauer hatte. Er sah uns ein Weilchen an, dann widmete er sich wieder den frischen Gräsern.
Was für ein schönes Erlebnis, so ein Tier in der freien Wildbahn beobachten zu können, ganz ohne weitere Menschen! Das war definitiv das Highlight dieses ersten Yellowstone-Tages.
Nur schwer konnten wir uns von dem Bison trennen, doch es wurde langsam Zeit, weiter zu kommen. Gleich nach der Brücke über den Firehole River befindet sich der Ojo Caliente Spring. Diesen mussten wir uns natürlich noch ansehen.
Herrlich, wie es dampfte!
Die Stimmung am Himmel änderte sich jetzt laufend.
Noch ein letzter Schnappschuss, bevor es zurück zum Wagen ging. Mit dem Wetter hatten wir Glück gehabt, es war sogar ziemlich warm und noch immer trocken.
Wir fuhren nun zum Old Faithful, wo wir für eine Nacht ein Frontier Cabin gebucht hatten. Das Cabin war einfach, aber sauber, mit eigenem, kleinen Bad. Wir richteten uns etwas ein und suchten dann ein Lokal für unser Abendessen. Im Geyser Grill verzehrten wir einen Burger, bevor wir über das grosse Gelände wieder zurück in unser heutiges Domizil gingen.